Angetroffen in Thun
«Wir knacken jedes Schloss»
Der Thuner «Schlüssel-Shop» existiert seit 1977. Die Familie Galli verfügt über sehr grosse Erfahrung in der Welt der Schlösser, Tresore und Schlüssel.
«Bei uns gibt es kein Nein, wir knacken jedes Schloss, jedenfalls jedes knackbare – und im schlimmsten Fall hebeln wir die Tür auf», stellt Oliver Galli lachend fest. Doch Letzteres ist für den Schlüsselprofi, seine Frau Iris und seinen Vater Beat selten nötig. Dieser hatte die Schlüssel-Dynastie im Jahr 1977 gegründet, Sohn Oliver hat den «Schlüssel-Shop» im Thuner Westquartier letztes Jahr übernommen – und kann weiterhin auf den grossen Erfahrungsschatz seines Vaters zählen.
Das war gerade im vergangenen Januar nötig: «Da hatten wir nämlich einen Tresormonat», sagt Beat Galli, seines Zeichens Feinmechaniker. Sohn Oliver fügt an: «Da sehen wir jeweils tief in das Leben der Leute hinein.» In den geknackten Tresoren, Geldkassetten oder Sparbüchsen kämen Gold und Geld, alte Verträge oder geheime Briefe zum Vorschein.
Mittelalterliche Kirchenschlösser
Gallis haben einen sehr vielfältigen Job: Sie helfen Menschen aus der Patsche, die sich aus dem Haus ausgeschlossen oder den Schlüssel verloren haben, restaurieren mittelalterliche Kirchenschlösser, helfen bei Pannen mit elektronischen Autoschlüsseln und Fernbedienungen, gravieren Pokale, Grab- oder Briefkastenschilder.
Die Fräs- und Gravurmaschinen stehen in der Werkstatt des «Schlüssel-Shops» – zahlreiche Werkzeuge hängen an den Wänden – und Tausende Schlüsselrohlinge. «Es sind wohl über 15’000 Schlüsselrohlinge, wir sind noch immer nicht fertig mit dem Zählen für das Inventar», stellt Iris Galli fest.
Was sagen die Schlüsselprofis eigentlich zu auswärtigen Schlüsselservices, die im Notfall via Google gebucht werden können? «Die sind gar nicht mal so schlecht für uns», lautet die überraschende Antwort von Oliver Galli – «denn da flicken wir im Nachhinein jeweils das, was die kaputt gemacht haben.»
Der neue Schlüssel passt perfekt
Machen wir zum Schluss noch die Probe aufs Exempel: Der Schreibende vermisst den Schlüssel einer alten Kellertür. Gallis haben ihn angewiesen, ein Bild des alten Schlosses mitzubringen, das reiche völlig aus. Der Schreibende ist skeptisch.
Die Schlüsselprofis studieren die Fotografie, suchen in einem dicken Buch mit äusserst zahlreichen Abbildungen von Schlüsselbärten die wahrscheinlichste Version aus und fräsen den Rohling in Form. Zu Hause steckt der Schreibende den neuen Schlüssel ins Schloss – und staunt: Er passt perfekt.